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„Die Interkulturelle Öffnung von Institutionen – Reflexionen aus Wissenschaft und Praxis“

Bericht zur ersten Transfertagung des IQ-Projekts VIELWERT – Vielfalt wertschätzen

Bericht zur ersten Transfertagung des IQ-Projekts VIELWERT – Vielfalt wertschätzen, digital am 30. November 2020 (16:00 – 18:30 Uhr)

Die Interkulturelle Öffnung der Arbeitswelt setzt auf allen Ebenen das Engagement für Haltungen und Werte sowie eine gute Vernetzung verschiedener Akteur*innen voraus. Aus diesem Grund lud das Projekt VIELWERT aus dem Förderprogramm IQ am 30. November 2020 zu seiner ersten Transfertagung unter dem Titel „Die Interkulturelle Öffnung von Institutionen – Reflexionen aus Wissenschaft und Praxis“ ein.

Mit ca. 50 Multiplikator*innen aus dem Kontext (Arbeitsmarkt-)Integration und Bildung, mit Personalverantwortlichen aus Behörden und Betrieben sowie Wissenschaftler*innen diskutierte das pädagogische Team um Tim-Simon Rahnenführer und Melike Kizil in drei Praxis-Workshops über gelungene Beispiele und Herausforderungen von Interkultureller Öffnung und Kompetenzentwicklung. Zu Beginn stellten die beiden Projektmitarbeiter*innen die Ergebnisse und Erfolge aus ihrer Arbeit nach rund 2 Jahren Projektlaufzeit vor: Diese drehen sich im Rahmen von Seminaren und Coachings – vor dem Hintergrund des IQ-Förderprogramms und dem langjährigen Engagement von Arbeit und Leben für gute Arbeit und eine demokratische Kultur der Partizipation – vor allem um die Arbeitsmarktintegration und Teilhabe von institutionell benachteiligten Menschen in ganz Nordrhein-Westfalen. Mit einer breiten Palette an analogen und digitalen Bildungsangeboten sowie individueller Beratung konnte das VIELWERT-Team bis dato über 2000 Menschen erreichen, die daran interessiert sind, in ihren Einrichtungen Diskriminierungen abzubauen und Potenziale zu erkennen und zu fördern. Exemplarisch für das weitreichende Netzwerk des Projektes ist die Tatsache, dass Kooperationspartner*innen aus unterschiedlichen Kontexten und viele Interessierte zusammentrafen: Neben Teilnehmer*innen aus Kommunen und Betrieben nahmen vor allem Mitarbeiter*innen aus Wohlfahrtsverbänden, pädagogischen Einrichtungen und Hochschulen sowie aus dem Gesundheitswesen an der Veranstaltung teil.

Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgten die Gäste auch den Plenarvortrag von Frau Prof. Dr. Astrid Messerschmidt (Bergische Universität Wuppertal), die mit ihrem Forschungsseminar an der Tagung teilnahm. Unter dem Titel "Migrationsgesellschaftliche Öffnungen in (Erziehungs-)Wissenschaft und (Bildungs-)Praxis" ging es nach einem kurzen historischen Abriss zur verspäteten Migrationsgesellschaft Deutschland und der pädagogischen Thematisierung von Migration zunächst vor allem um Zugehörigkeitsbarrieren und die Unterrepräsentation von Menschen mit Migrationsgeschichte sowie um Mechanismen der Fremdmachung und verbreitete defizitorientierte Perspektiven auf Migration. Dabei wurde auch der Begriff der Interkulturellen Öffnung durchaus kritisch reflektiert. Schließlich wurde eine Entwicklung des Rassismus selbst hin zu einem Kultur-orientierten "Neo-Rassismus" nachgezeichnet und Mechanismen der Verharmlosung dieses Phänomens offengelegt.

Institutionelle Diskriminierung und Rassismus sind in vielen Kommunen in NRW mittlerweile kein absolutes Tabuthema mehr. Dementsprechend sind für das VIELWERT-Team anzusprechende Schlüsselpersonen neben Führungskräften auch Mitarbeiter*innen aus allen hierarchischen Ebenen beziehungsweise Ehrenamtliche, die in unserem Land geradezu eine Triebkraft des gesellschaftlichen Zusammenhaltes sind.

Letzteres bekräftigte auch Kahraman Tsikha (Integrationsbeauftragter der Gemeinde Hüllhorst) in seinem Beitrag zur „Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten“ im ersten Good-Practise-Workshop zu Kommunen. Darin referierte auch Jessica Fischer (Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Jülich) zum Interkulturellen Öffnungsprozess in der Jülicher Stadtverwaltung. Fischer betonte die Vielfalt ihrer Stadt, weshalb sie diese Tatsache ressourcenorientiert in ihrem Selbstverständnis verankert sehen möchte.

Für ein interkulturelles Selbstverständnis sollte zunächst überhaupt ein Bewusstsein für das Thema geweckt werden. Dafür setzt sich Angelika Wiegand (Ethikbeauftragte des Helios-Klinikums in Wuppertal) ein, die im zweiten Praxis-Workshop über kultursensible Dienstleistungen der Klinik berichtete: Beispielsweise gibt es dort bereits ein breiteres Angebot an Seelsorge, etwa auch für muslimische Patient*innen, sowie Sprachhilfsmittel für Angestellte und Patient*innen. Ziel des Krankenhauses sei es, Diversität zur Normalität zu machen.

So lautet auch das Credo von VIELWERT, welches den dritten Praxis-Workshop zu „Interkultureller Kompetenzentwicklung für pädagogische Teams“ mit einem Input ausrichtete. Darin diskutierten die Teilnehmer*innen unter anderem über Vorteile und Herausforderungen von diversen Teams und entwickelten erste Ideen darüber, was man eigentlich tun kann, damit solch heterogene Teams gut zusammenfinden.

Dabei herausgekommen ist vor allem folgendes: Die Voraussetzungen für gute Arbeit werden nicht zuletzt auch durch hinreichende Netzwerkarbeit geschaffen – mit dem Ideal, gemeinsam vor Ort entsprechende Strukturen zu bilden. Auf diese Weise möchte das Projekt VIELWERT dazu beizutragen, dass in unserem Land Schritt für Schritt eine nachhaltige Anerkennungskultur entstehen kann. Mit einem Ausblick auf den Mehrwert von kritischer Reflexion auf das Konzept der Interkulturellen Öffnung von Institutionen durch eine migrationsgesellschaftliche Perspektive verabschiedete das Team seine Gäste – damit Vielfalt am Arbeitsplatz und darüber hinaus als Normalität erfahrbar werden kann.

 

Das Projekt wird im Rahmen des Förderprogramms „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ durchgeführt und wird aus Mitteln des Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert.


Mehr Informationen: kizil(at)aulnrw.de oder auf der Seite des Projekts: VIELWERT